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Schicksale Burgsteinfurter Juden

Mit den Schicksalen von Hermann Emanuel und Horst Martin Buchheimer beschäftigte sich Dr. Willi Feld am Dienstagabend (23. Oktober) in der Niedermühle zum Thema Steinfurter Judengeschichte.

Hermann Emanuel wurde am 11. Mai 1869 geboren, wurde früh Waise und zum Kantor und Lehrer ausgebildet. Am 1. Januar 1893 kam er nach Burgsteinfurt, wo er fast 40 Jahre lebte und unter anderem in der Synagoge arbeitete. Am 7. Juli 1942 wurde er nach Theresienstadt deportiert und dort ermordet.

Emanuels besonderes Anliegen galt der kaufmännischen Fortbildung junger Menschen, führte Dr. Feld (Bild) aus. 1902 gab es noch keine entsprechende Schule im gesamten Regierungsbezirk Münster. Auch nach einem Appell 1903 in der örtlichen Presse dauerte es noch bis 1908, ehe auf Drängen des Landrats der Beschluss zum Aufbau der Fortbildungsschule gefasst wurde. Am 3. Juli 1909 wurde der Unterricht mit 29 Schülern im Alten Rathaus in Burgsteinfurt aufgenommen, ab 1917 durften auch weibliche Lehrlinge teilnehmen. Die Kaufrmännische Fortbildungsschule wurde zu einer festen Größe im hiesigen Schulwesen. Hermann Emanuell wurde nach 22 Jahren als Leiter der Schule in den Ruhestand verabschiedet. Der damalige Bürgermeister Schumann bescheinigt ihm „wertvolle Pionierdienste, die Sie der kaufmännischen Schule, der Jugend, der Wirtschaft und der Bürgerschaft von Burgsteinfurt geleistet haben“, berichtete Dr. Feld.

2017 werden die Wirtschaftsschulen umbenannt in „Hermann-Emanuel-Berufskolleg des Kreises Steinfurt“. Damit möchte sich die Schule bewusst in die Traditionslinie ihres Gründers Hermann Emanuel stellen, der schon vor 100 Jahren stets an einer ganzheitlichen Bildung seiner Schülerschaft interessiert war.

Horst Martin Buchheimer war der letzte jüdische Schüler am Gymnasium Arnoldinum. Er folgte damit einer Familientradition, schon die Eltern und Geschwister waren Arnoldiner. Am 24.9.1924 in Burgsteinfurt als Sohn des Kaufmanns Adolf Buchheimer, der an der Steinstraße ein Schuhgeschäft betrieb, geboren, besuchte er von Ostern 1935 bis zum 28.8.1937 das Gymnasium.

Viele Jahre habe er sich vergeblich um ein Gespräch mit Horst Martin Buchheimer bemüht, berichtete Dr. Feld am Dienstagabend. Erst 2017 hatte er Erfolg.

Für Buchheimer sei die Zeit am Arnoldinum ein Martyrium gewesen. Bereits 1931 habe es antisemitische Ausfälle von Lehrern an der Schule gegeben, so Dr. Feld. Auch die Amtsführung des Schulleiters Rosenthal sei linientreu gewesen und er habe die Ziele des Nationalsozialismus bejaht, ohne selbst NSDAP-Mitglied gewesen zu sein.. Von seinen Mitschülern wurde Buchheimer beschimpft, geschlagen und mit Messern bedroht. Auch die Lehrer Josef Richter und Dr. Günther Flume, die auch Rassereferenten der SS waren, drangsalierten den damals  Zwölfjährigen, so Feld weiter.

Adolf Buchheimer  meldete seinen Sohn Horst vom Gymnasium ab und vertraute ihn einem befreundeten Geschäftsmann aus Amsterdam an. Für den Unterhalt seines Sohnes übergab er ihm die Reste seiner Goldmarkwährung. Nach dem Überfall in der Reichspogromnacht wurden er und seine Frau deshalb „wegen Devisenvergehens“ verhaftet. Nach Verbüßung der Haft in Coesfeld kehrten sie nach Burgsteinfurt zurück und flüchteten im Juni 1939 in das holländische Woerden, wo sie die Shoah im Untergrund überlebt haben.

Am 10. Mai 1940 überfiel die Deutsche Wehrmacht die Niederlande. Der zu dem Zeitpunkt 17-jährige Buchheimer musste die Schule verlassen. Er erfuhr von der „Endlösung“ der Judenfrage. Im August 1942 ging er in den Widerstand, nahm eine neue Identität (Piet van Delden aus Goningen) an, erhielt eine militärische Grundausbildung, kämpfte ein Jahr im Widerstand und kehrte nach Kriegsende nach Woerden zurück. Als er 1949 zum niederländischen Militär eingezogen werden sollte, setzte er sich nach Haifa ab. Dort nahm er den Namen Zwi Safran an. 1950 zog er nach Ashkelon in Israel. „ Erst als seine Enkel anfingen, Fragen zu stellen, kehrte er auf Besuch nach Burgsteinfurt zurück“, berichtete Dr. Feld weiter.